Das Jahressteuergesetz 2022 brachte einige für die Immobilienwirtschaft relevante Änderungen der Abschreibungsvorschriften im Bereich der Abschreibungen für Gebäude sowie im Bereich der Sonderabschreibungen mit sich. Einerseits wird die Absetzung für Abnutzung (AfA) für Gebäude, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, ab 1. Januar 2023 von 2 % auf 3 % erhöht.
Diese Anhebung der linearen Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 EStG trägt der Tatsache Rechnung, dass sich der Anteil der Gebäudetechnik erhöht und sich die durchschnittliche Nutzungsdauer verkürzt hat. Zudem trägt die Maßnahme dazu bei, Anreize für Investitionen in den Wohnungsbau zu schaffen. Dies gilt allerdings nur für Gebäude, die nach dem 31. Dezember 2022 fertiggestellt wurden.
Die Abschreibungsmöglichkeit eines Gebäudes gem. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG durch begründete tatsächlich kürzere Nutzungsdauer bleibt entgegen der zwischenzeitlich im Gesetzgebungsverfahren beabsichtigten Aufhebung bestehen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer in einer viel beachteten Entscheidung (Urteil v. 28.7.2021, IX R 25/19) vereinfacht und mehrere Finanzgerichte waren dem gefolgt. Der Begründung des Regierungsentwurfs zufolge hatte dies in der Praxis zu einer deutlichen Zunahme entsprechender Anträge geführt. In der Gesetzesbegründung war ausgeführt worden, dass die Aufhebung der Ausnahmeregelung zum Ansatz einer kürzeren Nutzungsdauer bei der AfA für Gebäude zu einer deutlichen Verbesserung in der Rechtsanwendung, zu einer deutlichen Minderung des Bürokratieaufwands für Verwaltung, Bürger und Unternehmen und zu einer Vermeidung unkontrollierter Steuermindereinnahmen führen würde. Diese Behauptung wurde vielfach von Experten kritisiert – unter anderem auch deutlich durch die Bundessteuerberaterkammer, welche in ihrer Stellungnahme ausführte: „Das (…) bedingte Vorliegen „unkontrollierter Steuermindereinnahmen“ ist absolut nicht ersichtlich; diese „Behauptung“ müsste seitens des BMF näher begründet und nachgewiesen werden. (…) Falls hingegen die Finanzverwaltung mit der Anwendung (…) überfordert sein sollte, regen wir an, ein Verfahren oder eine Systematik für die Ausnahmefälle zu regeln (…). Darüber hinaus könnten Bilanzierer bei Aufhebung des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG künftig nicht mehr einheitlich eine geringere tatsächliche Nutzungsdauer in der Handels- und Steuerbilanz ansetzen. Ein solcher Ansatz wäre nur noch handelsrechtlich möglich, während steuerrechtlich die Ermittlung der AfA zwingend mit 3 % zu erfolgen hätte. Dies hätte wiederum die Entstehung latenter Steuern zur Folge, was zu einer drastischen Komplexitätssteigerung und einem spürbaren Bürokratieaufbau führen würde.“ Die Änderung wurde kurz vor Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag doch noch gestrichen.
Stattdessen hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) in einem BMF-Schreiben vom 22. Februar 2023 nun klarstellend festgelegt, unter welchen Umständen von einer kürzeren Nutzungsdauer ausgegangen werden kann. Um hiervon ausgehen zu können, bedarf es laut BMF der Rechtfertigung auf Grund objektiver Gegebenheiten. Ist der Abbruch eines Gebäudes beabsichtigt, genügt dazu nicht bereits die bloße Abbruchabsicht. Vielmehr liegt eine Rechtfertigung in diesem Fall erst vor, wenn der Zeitpunkt der Nutzungsbeendigung des Gebäudes feststeht. Bei besonderen Betriebsgebäuden kann sich dabei eine kürzere Nutzungsdauer bereits aus den amtlichen AfA-Tabellen ergeben (z. B. Hallen in Leichtbauweise). Maßgebliche Einflussfaktoren für die Schätzung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer sind laut BMF technischer Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche Gegebenheiten, die die Nutzungsdauer eines Gebäudes begrenzen können. Der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer ist durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zu erbringen. Nachweise mittels eines Verkehrswertgutachtens oder basierend auf der Immobilienwertermittlungsverordnung sind hingegen nicht ausreichend.
Neben der Erhöhung der linearen AfA für Wohngebäude gibt es auch Änderungen bei den Sonderabschreibungen nach § 7b EStG für bestimmte Investitionen – Es wird eine Sonderabschreibung für den Bau neuer, bisher nicht vorhandener Wohnungen eingeführt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu wird die Ende 2021 ausgelaufene Regelung der Sonderabschreibung von 5 % p.a. über 4 Jahre für bestimmte Mietwohnungsneubauten für Wohnungsneubauten ab 2023 bis Ende 2026 wieder aufleben. Neubauprojekte mit Bauantragstellung bzw. Bauanzeige in 2022 fallen somit nach wie vor aus der Förderung des § 7b EStG heraus, da der Gesetzgeber nicht die bereits „in Gang gesetzten“ Bauvorhaben fördern wollte, sondern lediglich beabsichtigte, eine Anreizwirkung für neue Projekte schaffen. Die Obergrenze für die Anschaffungs- und Herstellungskosten wird auf 4.800 Euro/m² angehoben, von der Förderung sollen aber nur noch Gebäude profitieren, die den Status als „Effizienzhaus 40“ erfüllen (die Kennzahl 40 gibt an, dass das Effizienzhaus nur 40 % Primärenergie benötigt, verglichen mit einem Referenzgebäude, dies muss durch das Qualitätssiegel „Nachhaltiges Gebäude“ (QNG) nachgewiesen werden (§ 7b Abs. 2 Nr. 2 EStG n.F.)). Eine Überschreitung der Herstellungskosten über die Baukostenobergrenze von 4.800 Euro/m² führt zum vollständigen Ausschluss der Förderung, da der Gesetzgeber durch die Sonderabschreibung nicht den Wohnungsbau im Luxussegment fördern will. Zur Prüfung, ob die Baukostenobergrenze eingehalten wird, müssen die gesamten abschreibungsfähigen Anschaffungs- oder Herstellungskosten per Division auf die gesamte Fläche der Wohnung umgelegt werden. Bei neu geschaffenen Gebäuden ist hierbei die Nutzfläche des gesamten Gebäudes heranzuziehen, bei Aufstockungen, sowie bei Aus-, Um-, An- oder Aufbauten die insgesamt neu geschaffene Nutzfläche. Die zu berücksichtigende Bemessungsgrundlage steigt auf 2.500 Euro/m² Wohnfläche (§ 7b Abs. 2 und 3 EStG). Bei Überschreitung dieser Förderhöchstgrenze wird also ein Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht vermittels der Abschreibung berücksichtigt werden können. Liegen die tatsächlichen Kosten unter der Höchstgrenze, dürfen sie auch nur bis zur tatsächlich angefallenen Höhe angesetzt werden. Achtung: Die Baukostenobergrenze von 4.800 EUR/m² darf nicht mit der Förderhöchstgrenze von 2.500 EUR/m² verwechselt werden. Während Erstere über das „Ob“ der Förderung entscheidet, deckelt Letztere lediglich die Höhe der Abschreibung. Beansprucht werden kann die Sonderabschreibung für jede neue Mietwohnung, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union errichtet wird (§ 7b Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. und n.F.).
Die Sonderabschreibung ist eine Jahresabschreibung, sie muss daher nicht zeitanteilig (monatsweise) aufgeteilt werden, sondern gilt für jedes Jahr des Begünstigungszeitraums. Die reguläre Gebäudeabschreibung (§ 7 Abs. 4 EStG) ist vom Vermieter parallel zur Sonderabschreibung vorzunehmen. Für sie ist eine eigenständige reguläre Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen (keine Anwendung des Förderhöchstbetrags). Nach Ablauf des vierjährigen Begünstigungszeitraums der Sonderabschreibung bemisst sich die weitere reguläre Abschreibung nach dem abschreibungsfähigen Restwert und der Restnutzungsdauer der Wohnung. Die Sonderabschreibung ist an die weitere Voraussetzung geknüpft, dass die Wohnung im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung und in den folgenden neun Jahren entgeltlich zu Wohnzwecken überlassen wird (§ 7b Abs. 2 Nr. 3 EStG a.F. und n.F.) Das BMF hat mit seinem Schreiben ein Formular veröffentlicht, mit denen Vermieter die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung erklären können („Angaben zur Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung nach § 7b EStG“).