Umsatzsteuerpflicht bei der Verpachtung von Betriebsvorrichtungen zusammen mit einem Gebäude

Der EuGH hat mit Urteil vom 4. Mai 2023 (C-516/21) entschieden, dass für die Frage der Steuerbefreiung bei einer verpachteten Betriebsvorrichtung, die Nebenleistung zu einem verpachteten Grundstück ist, die Betrachtung als einheitliche Leistung dem Aufteilungsgebot vorgeht.

Hintergrund ist, dass eine Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks grundsätzlich nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG steuerbefreit ist, während die Vermietung einer Betriebsvorrichtung nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ausdrücklich nicht steuerbefreit und somit eine umsatzsteuerpflichtige Leistung ist. Im strittigen Sachverhalt wurde ein Stallgebäude zur Putenaufzucht überlassen inklusive Fütterungsanlage sowie ein Heizungs‑, Lüftungs- und Beleuchtungssystem zur Sicherung einer dem Entwicklungsstadium der Tiere entsprechenden Temperatur und Ausleuchtung, die gewährleisteten, dass die Puten in der vorgegebenen Zeit unter den bis zur Erreichung ihrer Schlachtreife erforderlichen Bedingungen aufgezogen wurden. Dafür wurde ein einheitliches Entgelt vereinbart.

Für die umsatzsteuerliche Einschätzung ist letztlich entscheidend, ob es sich um mehrere und einzeln zu beurteilende Hauptleistungen oder um eine Hauptleistung und eine unselbständige Nebenleistung handelt, die das Schicksal der Hauptleistung teilt. Insbesondere ist eine Leistung als Nebenleistung einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kunden keinen eigenen Zweck darstellt, sondern das Mittel, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus stellte der EuGH bereits mit Urteil vom 19. Dezember 2018 (C-17/18) fest, dass ein Pachtvertrag, der eine Immobilie, die einem Geschäftsbetrieb diente, sowie für diesen Betrieb erforderlichen Sachanlagen und Inventargegenstände zum Gegenstand hat, eine einheitliche Leistung darstellt, bei der die Verpachtung der Immobilie die Hauptleistung war.

Ein Umsatz, der eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellt, darf nicht künstlich aufgespalten werden. Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

Auswirkungen auf die Praxis hat das Urteil im kommunalen Bereich insbesondere bei Verpachtungs-BgA, wie etwa die Überlassung von Gaststättenräumen inkl. Betriebsvorrichtungen (Großküche, Fettabscheider, etc.). Diese Fälle sind analog zu würdigen, weshalb hier im Regelfall von komplett umsatzsteuerbefreiten Leistungen auszugehen wäre. Daran sollte auch die vertragliche Aufteilung des Entgelts in einen Teil Überlassung Grundstück und einen Teil Überlassung Inventar nichts ändern, da umsatzsteuerlich immer auf die tatsächliche Leistung abzustellen ist. Um zukünftig Vorsteuer-Potentiale nicht zu verlieren, sollte in solchen Fällen immer geprüft werden, ob eine Option zum Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG möglich und sinnvoll ist. Bitte beachten Sie, dass die Umsatzsteuerbefreiung keine Auswirkungen auf das Vorliegen eines BgA hat, und dieser dennoch gegenüber der Finanzverwaltung zu deklarieren ist.

Update:
Inzwischen hat auch der Bundesfinanzhof (BFH) die Rechtsprechung (erwartungsgemäß) übernommen und in seinem Urteil vom 17.08.2023, V R 7/23 angewandt. Es ist nun zu erwarten, dass die Finanzverwaltung sich dem anschließt und den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (Abschnitt 4.12.10) zeitnah anpassen wird.

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