Für die Umsatzsteuer gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung. Die (unselbständige) Nebenleistung teilt das Schicksal der Hauptleistung. Gilt für die Hauptleistung eine Steuerbefreiung, so greift diese auch auf die Nebenleistung durch.
Der BFH hatte in einem Fall (Beschluss vom 18.10.2023, XI B 41/23 (AdV)) zu entscheiden, in dem eine GmbH, deren Gesellschafterin eine Gemeinde ist, ein Museum, ein Informationszentrum, eine WC-Anlage und einen Parkplatz betrieb. Das Informationszentrum konnte unentgeltlich genutzt werden, während für die anderen Leistungen entsprechende Entgelte erhoben wurden.
Die Umsätze aus dem Betrieb eines Museums sind unstrittig nach § 4 Nr. 20 Bst. a) UStG von der Umsatzsteuer befreit. Die GmbH sah die Umsätze aus der Toiletten- und Parkplatznutzung jeweils als Nebenleistungen zum Besuch des Museums an und erklärte auch diese Umsätze als steuerfrei. Dem folgten das Finanzamt und auch das Finanzgericht nicht.
Allgemein gilt für das Verhältnis von Haupt- und Nebenleistungen:
- Jeder Umsatz ist in der Regel als eigenständige und selbständige Leistung zu betrachten.
- Ein Umsatz, der eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellt, darf aber im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden.
- Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
- Insbesondere ist eine Leistung als Nebenleistung einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kunden keinen eigenen Zweck darstellt, sondern das Mittel, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
Die Überlassung von Parkplätzen ist keine Nebenleistung zum Museum. „Denn diese Überlassung von Parkplätzen ist weder eine Leistung, die für ein Museum typisch ist, noch ist sie für eine Museumsleistung unerlässlich. Dies ergibt sich im Streitfall schon daraus, dass das Museum auch auf andere Weise als mit dem Personenkraftwagen erreichbar ist.“
Anders ist es aber wohl bei der WC-Anlage. Aus Sicht des BFH ist „das Vorhandensein einer WC-Anlage für den Betrieb einer Einrichtung wie die der Klägerin unerlässlich. […] Der Betrieb der WC-Anlage ist daher zwar nicht selbst nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfrei, aber dürfte eine für den Betrieb der Einrichtung unerlässliche, steuerfreie Nebenleistung sein.“
Der BFH stellt weiter fest, dass eine steuerfreie Nebenleistung nur dann gegeben sein kann, wenn auch eine steuerfreie Hauptleistung vorliegt. Der Umstand, dass andere Personen eine Leistung als einzige (und damit selbständige) Leistung beziehen, schließt nicht aus, dass dieselbe Leistung bei anderen Personen eine Nebenleistung zu einer von ihnen in Anspruch genommenen Hauptleistung ist.
Im Ergebnis bedeutet das, dass Museumsbesucher die Toiletten steuerfrei nutzen können, während andere WC-Nutzer (z.B. Wanderer, Radfahrer, Besucher des Informationszentrums) mit Umsatzsteuer belastet werden.
Der Anteil der Personen, bei denen die Nutzung der WC-Anlage keine Nebenleistung zur Hauptleistung ist, ist laut BFH gegebenenfalls zu schätzen.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Der BFH hat das Verfahren zur genaueren Sachverhaltsermittlung an das Finanzgericht zurückverwiesen. Wir werden Sie mit unserem Newsletter hierzu auf dem Laufenden halten.
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